Pflegerische Betreuungsmaßnahmen

Mit Inkrafttreten des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zum 1. Januar 2017 wurden pflegerische Betreuungsmaßnahmen zum regulären Bestandteil der Pflegesachleistung im Rahmen der häuslichen Pflege (§ 36 SGB XI). Seit Mai 2019 (Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes, TSVG) sind ferner Ambulante Betreuungsdienste als eigenständige Leistungserbringer anerkannt (§ 71 SGB XI).

Als pflegebedürftig im Sinne der sozialen Pflegeversicherung gelten seit 2017 Menschen, die „[…] gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen“ (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Maßgeblich für das Vorliegen entsprechender Beeinträchtigungen sind die im Gesetz (§ 14 Abs. 2 SGB XI) genannten sechs Kriterien, die mit den sechs Modulen des ebenfalls 2017 neu eingeführten Begutachtungsinstruments (Pflegegradberechnung) gemessen werden (vgl. § 15 SGB XI)

 

Ziele und Zielgruppe

Pflegerische Betreuungsmaßnahmen können von allen Pflegebedürftigen im Rahmen ihres Sachleistungsanspruchs nach § 36 SGB XI entsprechend ihren Wünschen und Bedürfnissen in Anspruch genommen bzw. mit dem von ihnen gewählten ambulanten Betreuungsdienst nach § 71 Abs. 1a SGB XI vereinbart werden. Es gibt keine Nachrangigkeit der Betreuungsmaßnahmen gegenüber der körperbezogenen Pflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung mehr. Es ist somit möglich, als Sachleistungen ausschließlich pflegerische Betreuungsmaßnahmen zu nutzen. Primäre Zielgruppe der pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sind Pflegebedürftige, die Beeinträchtigungen in den Bereichen der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten (Modul 2 des Begutachtungsinstruments), der Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen (Modul 3) sowie der Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte (Modul 6) aufweisen. Der Bezug zwischen diesen drei Kriterien bzw. Modulen ist jedoch nur im Sinne einer Schwerpunktsetzung zu verstehen: Auch Pflegebedürftige, die keine oder nur geringe Beeinträchtigungen in diesen drei Bereichen aufweisen, können pflegerische Betreuungsleistungen nutzen. Ferner können die konkreten Inhalte von Betreuungsleistungen auch Aktivitäten umfassen, die bevorzugt für Menschen mit vor allem somatischen Beeinträchtigungen infrage kommen.

 

Leistungsrechtliche Abgrenzung zu Angeboten zur Unterstützung im Alltag (§ 45a SGB XI)

Zentrales Betätigungsfeld der anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag ist die Betreuung von Pflegebedürftigen. Sie erfolgt z.b. durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die dabei von Pflegefachkräften angeleitet werden. Angebote zur Unterstützung im Alltag erbringen keine Sachleistungen und müssen daher von den Pflegebedürftigen zunächst selbst bezahlt werden. Diese können sich die Kosten jedoch von der Pflegekasse bis zur Höhe des Entlastungsbetrags nach § 45b SGB XI (125 EUR pro Monat) erstatten lassen. Darüber hinaus können Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 2 bis zu 40 Prozent des ihnen zustehenden ambulanten Sachleistungsbetrags umwandeln, d.h. für die Erstattung ihrer Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Angeboten zur Unterstützung im Alltag verwenden (§ 45a Abs. 4 SGB XI).

Pflegerische Betreuungsmaßnahmen werden in Bezug auf das häusliche Umfeld erbracht. Sie weisen damit einen unmittelbaren Bezug zur Gestaltung des alltäglichen Lebens im Zusammenhang mit einem Haushalt und seiner häuslichen Umgebung auf. Die Maßnahmen erfolgen dementsprechend zur Unterstützung bei der Gestaltung des alltäglichen Lebens in Bezug zum Haushalt und bei Aktivitäten mit engem räumlichem Bezug hierzu. Wie bislang können pflegerische Betreuungsmaßnahmen dabei nicht nur in Bezug auf das häusliche Umfeld des Pflegebedürftigen selbst erbracht werden, sondern beispielsweise auch im häuslichen Umfeld seiner Familie oder anderer nahestehender Menschen oder bei der gemeinsamen Inanspruchnahme häuslicher Pflegehilfe zum Beispiel im häuslichen Umfeld eines der Beteiligten oder seiner Familie.